Fall 20: Auflösung
Lerninhalte
- Chiari-Malformation (Typ I)
MRT Schädel nativ
Es zeigt sich ein Tiefstand der Kleinhirntonsillen unterhalb des Foramen magnum (> 5 mm) sowie eine Syringomyelie in Höhe HWK 5-BWK 1. Ein Kleinhirntonsillentiefstand lässt sich am besten in der sagittalen T2w-Sequenz erkennen. Man zieht eine Linie, die durch den kaudalen Pol des Clivus und des Os occipitale führt (weiße Linie). Unterhalb der Linie misst man aus, wie weit die Kleinhirntonsillen tiefer stehen (oranger Doppelpfeil). Die Syrinx (Kreis) ist eine Liquor-isointense Formation, die zu einer Auftreibung des Myelons führt. Der Befund ist vereinbar mit einer Chiari-Malformation Typ I.
Die Chiari-Malformation Typ I ist bei ca. 30% der Patient*innen asymptomatisch. Beschwerden treten meist erst im jungen Erwachsenenalter auf und präsentieren sich als Kopf- und Nackenschmerzen. Weitere Symptome durch Kompression des Hirnstamms (z.B. Schluckbeschwerden, Schwindel oder Doppelbilder) oder des Kleinhirns (z.B. Ataxie, Dysarthrie oder Nystagmus) können ebenfalls auftreten.
Die Ursache der Erkrankung ist nicht abschließend geklärt. Primär wird davon ausgegangen, dass die hintere Schädelgrube unterentwickelt ist und somit sekundär das Hirnparenchym nach kaudal verlagert wird.
Die Chiari-Malformationen unterscheiden sich wie folgt:
- Chiari Typ I: die Kleinhirntonsillen sind > 5 mm unterhalb des Foramen magnum verlagert; häufig liegt eine assoziierte Syringomyelie vor.
- Chiari Typ II: Vermis cerebelli, Medulla oblongata und der vierte Ventrikel sind nach kaudal verlagert; häufig liegt eine assoziierte Spina bifida vor.
- Chiari Typ III: Ausprägung wie Chiari Typ II mit zusätzlicher okzipitaler oder hoch zervikaler Enzephalozele
- Chiari Typ IV: ausgeprägte zerebelläre Hypoplasie ohne Verlagerung von Hirnstamm oder Kleinhirn
Chiari-Malformationen Typ I-III können zu einem Hydrozephalus führen, wenn durch die Kaudalverlagerung von Parenchym die Liquorabflusswege (Apertura lateralis / Foramen Luschkae, Apertura mediana / Foramen Magendi oder der vierte Ventrikel) komprimiert werden. Die Syringomyelie, die häufig bei Chiari Typ I vorkommt, ist ebenfalls Ausdruck einer Liquorzirkulationsstörung.