Fall 18: Auflösung
Lerninhalte
- Intrakranielle Raumforderung
CT Schädel nativ
In der CT zeigt sich eine runde randständig hyperdense und zentral hypodense Raumforderung im rechten Frontallappen (Kreis) mit Perifokalödem (Pfeil). Der raumfordernde Effekt ist daran erkennbar, dass die äußeren Liquorräume auf der rechten Seite kaum noch erkennbar sind (im Gegensatz zu der linken Seite). Anschließend erfolgte eine MRT des Schädels:
MRT des Schädels mit Kontrastmittel (Diffusionswichtung (DWI + ADC-Karte) und Kontrastmittel-gestützte T1w-Sequenz)
In der MRT lässt sich die Raumforderung weiter differenzieren: es liegt eine homogene Diffusionsstörung (hyperintenses / weißes Signal in der DWI und hypointenses / schwarzes Signal in der ADC-Karte) und eine lineare randständige Kontrastmittelanreicherung vor. Der Befund ist typisch für einen zerebralen Abszess.
Die native CCT kann demnach keine klare Diagnose liefern, außer dass es sich um eine unklare intrakranielle Raumforderung handelt. Nach weiterer Bildgebung mittels MRT erfolgt bei solitärer intrakranieller Raumforderung am häufigsten die Diagnose einer (solitären) Metastase.
Der zerebrale Abszess ist ein typischer tumor mimic, der anhand der Diffusionswichtung und Kontrastmittel-gestützten T1w-Sequenz in der Regel sicher von einem intraaxialen (also im Hirnparenchym lokalisierten) Tumor differenziert werden kann. Die klinische Symptomatik ist häufig nicht spezifisch. In den überwiegenden Fällen liegen keine manifesten, klinischen Entzündungszeichen vor. Durch die raumfordernde Komponente und in Abhängigkeit der Abszesslokalisation kommt es primär zu fokalen, neurologischen Defiziten, epileptischen Anfällen oder Zeichen des erhöhten Hirndrucks, wodurch die Patient*innen vorstellig werden.
Risikofaktoren für die Entstehung eines zerebralen Abszesses sind:
- Zahnabszess
- Sinunasale Infektionen
- Systemische Infektion (Sepsis)
- Infektiöse Endokarditis
- Lungenabszess
Die häufigsten Erreger sind Bakterien (z.B. Streptokokken, Staphylokokken). Bei immungeschwächten Patient*innen kommen auch atypische Erreger vor (z.B. Protozoen, Pilze, Würmer).
Wie oben bereits erwähnt, sind jedoch die häufigsten intraaxialen Raumforderungen bei Erwachsenen Metastasen! Dabei treten 50% der Hirnmetastasen solitär auf. Supratentoriell finden sich als zweithäufigste Tumorentität Gliome, infratentoriell Hämangioblastome.
Primärtumore, welche häufig Hirnmetastasen bilden, sind:
- Lungenkarzinom
- Mammakarzinom
- Nierenzellkarzinom
- Malignes Melanom
- Adenokarzinome des gastrointestinalen Trakts
Hirnmetastasen sind in der Regel intensiv Kontrastmittel-anreichernd, häufig begleitet von vasogenem Perifokalödem und an der Grenze Kortex / Subkortex lokalisiert.
MRT des Schädels eines 53-jährigen Patienten mit zunehmender Konzentrationsstörung und Schwäche des rechten Arms
Nachweis einer intraaxialen irregulär, randständig Kontrastmittel-aufnehmenden Raumforderung links frontal mit geringem Perifokalödem. Innerhalb der Raumforderung finden sich fokale Diffusionseinschränkungen. Aufgrund der Diffusionswichtung und Kontrastmittel-gestützten T1w-Sequenz kann ein zerebraler Abszess ausgeschlossen werden. Die Differenzierung zwischen einer solitären Metastase und einem Glioblastom ist in diesem Beispiel nur bedingt möglich – bei einem höhergradigen Gliom wäre typischerweise mehr Perifokalödem / nicht-schrankengestörte Tumoranteile zu erwarten. Bei diesem Fall kommt daher bildmorphologisch primär eine Metastase, sekundär ein Glioblastom in Betracht.
Weiterführende Literatur:
- Xiao F et al. 2005: Brain abscess: clinical experience and analysis of prognostic factors; doi:10.1016/j.surneu.2004.08.093
- Haimes AB et al. 1989: MR imaging of brain abscesses; doi: 10.2214/ajr.152.5.1073