Fall 13: Auflösung
Lerninhalte
- Oberlappenatelektase rechts
- Atelektase
Thorax AP initial und Verlauf
Das Kind hatte einen Hühnerknochen aspiriert. In dem initialen Röntgenbild zeigt sich eine Oberlappenatelektase rechts (Kreis), welche im Verlauf nach bronchoskopischer Entfernung des Knochens vollständig rückläufig war. Typischerweise findet sich bei einer Oberlappenatelektase rechts eine Verlagerung des horizontalen Interlobiums und des rechten Hilus nach kranial sowie eine Verlagerung der Trachea nach rechts (Pfeil). Der Rand vom oberen rechten Mediastinum ist nicht mehr abgrenzbar (Silhouettenphänomen). Da das Kind erst 1 Jahr alt ist, sollte beachtet werden, dass das obere Mediastinum in der Verlaufsaufnahme normal weit ist, bedingt durch den Thymus.
Oberlappenatelektase rechts:
Die wichtigsten Merkmale einer Oberlappenatelektase rechts im Röntgen Thorax:
- Homogene Transparenzminderung des rechten Lungenoberfeldes
- Silhouettenphänomen zum rechten oberen Mediastinalrand (d.h. dieser ist nicht mehr abgrenzbar)
- Verziehung des kleinen Interlobiums nach kranial
- Höhertreten des rechten Hilus
- Mediastinalverlagerung nach rechts
- Kompensatorische Überblähung von Mittel- und Unterlappen rechts
- Gelegentlich sieht man den sog. juxtaphrenischen Peak, eine spitze Ausziehung angrenzend an die ipsilaterale Zwerchfellkuppe
- Cave: wenn ein zentral gelegener Tumor die Atelektase bedingt, kann man das “Golden-S Sign” sehen. Man sieht dann neben der Oberlappen-Atelektase eine konvexe Vorwölbung auf Hilusniveau und die Kontur dieser Veränderungen hat dann die Form eines umgekehrten “S”. Die Abwesenheit des Golden-S Sign bedeutet aber natürlich nicht, dass kein Tumor vorliegen kann – bei Atelektasen sollten man deshalb bei Erwachsenen immer eine Verlaufskontrolle oder ein CT Thorax machen!
Atelektase:
Die Atelektase ist definiert als fehlende Belüftung eines Lungenabschnitts (meist eines Lappens oder eines Teils davon) mit konsekutiver Volumenminderung des betroffenen Areals. Es gibt verschiedene Arten von Atelektasen:
- Plattenatelektasen
- Segment- oder Subsegmentatelektasen
- Lappenatelektasen
- Atelektasen eines ganzen Lungenflügels
Der Begriff “Dystelektase”, den man auch häufig in der Radiologie hört, bezeichnet die Vorstufe zu einer Atelektase (also eine verminderte Belüftung des betroffenen Lungenabschnittes – im Gegensatz zur fehlenden Belüftung bei der Atelektase); allerdings ist die Unterscheidung im Röntgenbild nicht zu machen und deshalb werden insbesondere die Begriffe “Plattenatelektase” und “Dystelektase” häufig synonym verwendet.
Bei der Entstehung einer Atelektase kommen verschiedene Mechanismen in Betracht, darunter sind die häufigsten die Obstruktion, die Kompression, den Pneumothorax, die Adhäsion und die Narbe. Die Obstruktions- oder auch Resorptionsatelektase entsteht distal von Stenosen oder Verschlüssen von Bronchien. Die Kompressionsatelektase entsteht durch die Kompression der Lunge durch ein benachbartes Volumenplus (z.B. einen Pleuraerguss oder eine Raumforderung). Die passive Atelektase entsteht bei einem Pneumothorax durch das “Zusammenfallen” der Lunge. Die adhäsive Atelektase entsteht durch einen Surfactant-Mangel (z.B. bei einem ARDS). Die Narbenatelektase entsteht durch den Zug von Narbensträngen im Lungenparenchym z.B. im Rahmen einer Lungenfibrose.
Generelles Aussehen einer Atelektase im Röntgen Thorax
Je nach Ausmaß der Minderbelüftung und des betroffenen Lungenabschnittes:
- Meist relativ homogene Transparenzminderung des betroffenen Lungenabschnittes
- Volumenminderung des betroffenen Lungenabschnittes (Volumenminus!)
- Luftbronchogramm (außer bei Obstruktionsatelektasen)
- Verlagerung von Interlobärspalten
- Mediastinal- und ggf. Hilusverlagerung nach ipsilateral (also in Richtung der Atelektase)
- Ipsilateraler Zwerchfellhochstand (je nach Ausmaß der Atelektase)
- Kompensatorische Überblähung der nicht betroffenen ipsilateralen Lungenabschnitte
- Silhouettenphänomen bei Angrenzen an Zwerchfell oder Mediastinum
Skizzen aller Atelektasen-Typen:
Mit freundlicher Genehmigung von https://radiologyassistant.nl/chest/chest-x-ray/lung-disease, Robin Smithuis
Anmerkung: UL steht für “upper lobe”, also für den Oberlappen, LL für “lower lobe”, also für den Unterlappen. ML ist der Mittellappen.
Weiterführende Literatur:
- Ashizawa K et al. 2001: Lobar Atelectasis: Diagnostic Pitfalls on Chest Radiography; doi:10.1259/bjr.74.877.740089
- Woodring J et al. 1996: Types and Mechanisms of Pulmonary Atelectasis; doi:10.1097/00005382-199621000-00002