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Fall 10: Auflösung

Lerninhalte

  • Mesenteriale Ischämie

CT Abdomen mit Kontrastmittel

Es zeigt sich eine sehr weit fortgeschrittene mesenteriale Ischämie mit begleitendem paralytischen Ileus. Die mesenteriale Ischämie ist an den Gasansammlungen in den Dünndarmwänden (exemplarische Dünndarmschlinge, orangener Kreis) erkennbar. Der Befund wird auch Pneumatosis intestinalis genannt. Die Gasansammlung wird über die venösen mesenterialen Gefäße (orangene Pfeile) fortgeleitet und ist sogar in der Peripherie der Leber erkennbar (weiße Pfeile). Der paralytische Ileus ist an den deutlich aufgeblähten Dünndarmschlingen (teils mit Spiegelbildungen) erkennbar. Ein mechanisches Hindernis bzw. Kalibersprung zeigt sich nicht. Zusätzlich finden sich keilförmige Minderkontrastierungen in der Leber (am besten in der portalvenösen Phase erkennbar), welche Leberinfarkten entsprechen. Begleitende diffuse freie Flüssigkeit.

Die Ursache der mesenterialen Ischämie ist in diesem Fall eine nicht-okklusive Genese (NOMI = nicht-okklusive Mesenterialischämie) bei vorbestehender langstreckiger Stenose der proximalen A. mesenterica superior:


In der arteriellen Phase lässt sich die Stenose der A. mesenterica superior auf den Boden von weichen Plaques, direkt ab Abgang, am besten erkennen (Kreis mit Pfeil). Die Kontrastierung bricht jedoch nicht ab; ein Verschluss liegt somit nicht vor. Die venösen Gefäße wie V. portae (weißer Pfeil) und Zuflüsse weisen keine Thrombose auf. Patient*innen wie in diesem Fall vorgestellt mit Sepsis und hierdurch vermindertem Herzzeitvolumen und hohem Katecholaminbedarf sind prädisponiert für eine NOMI.

Die mesenteriale Ischämie ist in ca. 1% der Fälle ursächlich für ein akutes Abdomen und stellt ein lebensbedrohliches Krankheitsbild mit einem typischen stadienhaften Verlauf dar. Im etwa 6 h andauernden Initialstadium treten stärkste (ischämiebedingte) abdominelle Schmerzen auf. Darauf folgt eine meist symptomarme Phase (“fauler Frieden”) mit Absterben des Darms und Durchwanderungsperitonitis. Im Spätstadium (>12 h) entwickelt sich dann ein akutes Abdomen mit stärksten Schmerzen, blutigen Durchfällen und paralytischem Ileus.

Die mesenteriale Ischämie lässt sich in eine akute (95% der Fälle) und chronische (5% der Fälle) Form unterteilen. Bei der akuten Form ist die häufigste Ursache der akute Mesenterialarterienverschluss (60-85% der Fälle), welcher embolisch oder thrombotisch bei vorbestehendem chronischen Mesenterialarterienverschluss vorliegen kann. In ca. 15-30% der Fälle ist die Ursache der akuten Form eine nicht-okklusive Mesenterialischämie (NOMI) und in ca. 5-10% der Fälle die Mesenterialvenenthrombose. Hierbei findet sich in der Regel eine angeborene oder erworbene Thrombophilie mit entsprechenden Risikofaktoren (u.a. genetische Prädisposition mit Protein C- oder S-Mangel, Einnahme oraler Kontrazeptiva oder Östrogene, Z.n. tiefer Beinvenenthrombose).

Der Schweregrad der mesenterialen Ischämie reicht von leichten (in der Regel vorübergehende oberflächliche Veränderungen der Darmschleimhaut) bis hin zu gefährlichen und potenziell lebensbedrohlichen transmuralen Darmwandnekrosen. Bildmorphologisch lassen sich im Anfangsstadium ggf. eine Darmwandverdickung (= entspricht der Nekrose) darstellen. Im weiteren Verlauf folgt dann die Pneumatosis intestinalis: hierbei wird Gas in die Darmwand von Bakterien, welche aufgrund der Nekrose von innen bis zur äußeren Darmwand durchwandern konnten, freigesetzt. Im Weiteren erfolgt dann die Fortleitung der Gasansammlungen über die Mesenterialgefäße in die Pfortader (auch Pneumatosis portalis genannt). Im finalen Stadium kann es dann zu einer kompletten Darmperforation mit Pneumoperitoneum kommen.

Da die Ischämietoleranzzeit des Darms bei ca. 6 h liegt, ist bei V.a. eine akute mesenteriale Ischämie eine schnellstmögliche Bildgebung zur Bestätigung / zum Ausschluss notwendig. Die akute mesenteriale Ischämie ist eine Notfallindikation für eine operative oder interventionelle Therapie und besitzt selbst bei direkter Behandlung eine schlechte Prognose.


Weiterführende Literatur:

  • Ho LM et al. 2007: Pneumatosis intestinalis in the adult: benign to life-threatening causes; doi: 10.2214/AJR.06.1309
  • Furukawa A et al. 2009: CT diagnosis of acute mesenteric ischemia from various causes; doi:10.2214/AJR.08.1138